krakau
24.1.06
  Eiszeit
Ich verlasse das Haus nicht mehr. Gestern kaufte ich noch einmal ein. Für immer. Als mich der stinkende und dreckige Bus 192 pünktlich vom Flughafen zurückbrachte. Stieg ich an der Haltestelle Kastanienallee aus. Wie immer. Ging zum Laden Nr. 27 der Handelsgruppe „Jubilat”. Wie immer. Kaufte weiße Lebensmittel. Für den Frost. Milch, Joghurt nature (Halbliterbecher), Butter extra fett, Weißkäse. Und dunkle Lebensmittel. Wie die Januarnächte. Vollkornbrot. Kürbiskerne. Getrocknete Datteln. Bitterschokolade. Gegen Depressionen. Ich fürchtete, dass sich alles zusammen in einen großen Klumpen Eis verwandeln würde. Während der kurzen Reise der Pinguine nach Hause.

Ich verlasse das Haus nicht mehr. Nie mehr. Heute früh machte ich mir Frühstück. In der ungastlichen Küche. Wieder bin ich allein. Alle sind ausgeflogen. Und die anderen schlafen noch. Es ist keiner mehr da. Weder im Haus. Drinnen. Noch draußen. Außerhalb des Hauses. Ich schaue durch das Dachfenster in den Himmel. Es gibt keine Vögel mehr. Keine Spechte. Keine Stare. Keine Lerchen. Die Engelin mit der Gießkanne ist auch ganz betrübt. Und die kleinen Engelchen an ihrer Hand starr vor Schreck und Wäschesteife. Ich schaue durch das Dachfenster in den Park. Es gibt keine Menschen mehr. Keine Hunde. Keine Großmütter. Keine Kinder. Es gibt niemanden mehr. Nirgends mehr. Nie mehr.

Ich verlasse das Haus nicht mehr. Niemals mehr. Nur am Abend im Laufschritt zu Chen-Martin. Aus dem ausgestorbenen Haus hinaus, durch den ausgestorbenen Park hindurch, über die ausgestorbene Straße hinüber. Es ist keiner mehr da. Ich bin mit Martin allein. Aber es ist logisch, dass die Chen-Form, wenn sie mit einem Schritt nach links beginnt, am Schluss den linken Fuß wieder neben den rechten Fuß zurückgesetzt haben will. Jeder Kreis schließt sich. Erst heute, nach fast vier Monaten Training bei Martin, habe ich den eigentlichen Sinn des Wortes „staw skokowy” – „Sprunggelenk“ verstanden. Mehr brauche ich nicht mehr. Ich kehrte zurück in das einzige geheizte Zimmer unter dem Dach des Łaski-Hauses. Und niemals mehr. Werde ich es verlassen.
 
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